Natürlich sauber
– Passen Windelfrei und Abhalten in meinen Alltag? –
Kaum ist dein Baby auf der Welt, bekommt es auch schon ganz selbstverständlich sein erstes Kleidungsstück angezogen: Eine Windel. Ab diesem Moment wird sie für viele Babys zum ständigen Begleiter.
Du fragst dich nun, was „für viele“ bedeuten soll? Heißt das es geht auch anders? Tatsächlich wächst sogar ein Großteil der heute geborenen Babys komplett ohne Windeln auf. Lediglich ca. 20 % der Neugeborenen werden jemals eine Windel tragen. Während Windeln in anderen Ländern eine Ausnahme sind, ist bei uns eher das Gegenteil der Fall.
Was bedeuten Windelfrei und Abhalten eigentlich genau und kann das auch in meinem Alltag funktionieren?
Inhalte dieses Artikels
Braucht ein Baby unbedingt eine Windel?
Das Wickeln mit Wegwerfwindeln mag aufgrund der enormen Saugleistung und damit immer längerer Wickelintervalle zwar bequem sein, widerspricht jedoch der Natur unserer Kinder.
Menschenbabys gehören zu den sogenannten Traglingen. Das bedeutet, dass sie ihre ersten Lebensmonate natürlicher Weise auf dem Arm verbringen. Babys spüren vom ersten Tag an, dass Sie ausscheiden müssen und möchten dabei instinktiv weder sich selbst, noch ihre Mama beschmutzen.
Was für viele hier und heute undenkbar scheint, war bei uns noch vor wenigen Jahren genauso normal wie es noch heute in anderen Kulturen selbstverständlich ist: Ein Baby benötigt keine Windel!
Nach der Geburt versucht dein Baby ganz instinktiv auf sich aufmerksam zu machen wenn es ausscheiden muss. Dein Mini kann schon jetzt einige Minuten lang einhalten. In den meisten Fällen wird dieses Bedürfnis jedoch ignoriert bzw. gar nicht in Erwägung gezogen, dass ein Baby vielleicht nicht in die Windel machen möchte. Einige Kinder versuchen sogar so lange einzuhalten, dass sie dadurch Bauchschmerzen und Verstopfungen bekommen. Aber auch diese Kinder werden irgendwann aufgeben, wenn das Bedürfnis auszuscheiden konsequent nicht beachtet wird. So wird unseren Kindern systematisch antrainiert, dass es gewollt und richtig ist ihr Geschäft in die Windel zu verrichten.
Was bedeutet „Windelfrei“?
Der Begriff „Windelfrei“ ist eigentlich etwas unglücklich gewählt. Treffender ist der englische Begriff „Elimination Communication“ (= Ausscheidungskommunikation).
Es ist nämlich nicht so, dass ein Windelfrei-Baby niemals Windeln trägt. Vielmehr wird in den meisten Fällen eine Stoffwindel (bzw. Abhaltewindel) als Backup genutzt.
Bei „Windelfrei“ geht es hauptsächlich darum, das Bedürfnis deines Babys durch genaues Beobachten zu erkennen und ihm die Möglichkeit zu geben, das Geschäft außerhalb der Windel zu erledigen.
Du kannst dein Mini z. B. über dem Waschbecken, der Badewanne, dem Töpfchen oder der Toilette abhalten. Unterwegs genügen auch ein Grünstreifen oder ein Busch.
In der wohl beliebtesten Abhalteposition ist der Oberköper deines Babys mit dem Rücken an deinen Oberkörper angelehnt. Mit den beiden Händen greifst du die Oberschenkel deines Minis, so dass es sich in der Hocke befindet. Weitere Beispiele für verschiedene Abhaltepositionen findest du hier.
Wenn du immer das gleiche Signalwort bzw. den gleichen Signallaut (z. B. „ssss“, „psss“, „Pipi“, „Aa“) verwendest, lernt dein Baby, dass es sich lösen kann sobald es diesen hört.
Abhalten ist kein Töpfchentraining. So wie bei vielen Dingen, klappt auch Windelfrei am Besten, wenn du dir keinen Stress oder Druck machst, sondern es entspannt angehst.
Es ist nicht dramatisch, wenn die Stoffwindel, die dein Mini als Backup trägt, einmal nass wird. Du solltest sie allerdings möglichst schnell wechseln, damit sich dein Baby nicht an das Nässegefühl gewöhnt und dieses Gefühl als Normal erachtet.
Mit der Zeit wirst du dein kleines Wunder immer besser verstehen und seine Signale schneller richtig deuten können. Allerdings können sich die Signale bzw. das Verhalten deines Babys von Zeit zu Zeit ändern. Es lohnt sich also aufmerksam zu bleiben und dein Mini gut zu beobachten.
Was sind die Vorteile von Windelfrei?
- gestärkte Bindung
- verbesserte Kommunikation
- eigene Wahrnehmung und Kontrolle der Ausscheidung
- vollständige Blasenentleerung
(beugt Blasenentzündungen vor) - weniger Bauchschmerzen, Blähungen und Verstopfungen
- kaum Hautprobleme (wunder Po)
- mehr Bewegungsfreiheit
(Stoffwindel benötigt nur wenig Saugmaterial) - weniger Stoffwindelwäsche
- stärkeres Sauberkeitsbedürfnis
- wahrscheinlich schnelleres und einfacheres Trockenwerden
- weniger Umweltbelastung durch Windeln
- Kostenersparnis (Windelkauf und -entsorgung)
Ab wann kann ich mit dem Abhalten starten?
Du kannst dein Baby vom ersten Tag an abhalten. Das allgemeine Wohlbefinden von dir und deinem Mini sollte jedoch immer an erster Stelle stehen. Setze dich selbst daher nicht unter Druck, wenn du dich zunächst noch nicht dazu in der Lage fühlst, mit dem Abhalten zu starten. Du kannst auch später noch jederzeit damit beginnen. In den ersten drei Lebensmonaten befindet sich dein kleines Wunder allerdings in einer sogenannten sensiblen Phase, die den Start besonders einfach macht.
Wann sollte ich mein Baby abhalten?
Da dein Baby noch nicht sprechen kann, drückt es seine Bedürfnisse durch seine ganze Körpersprache aus. Mit der Zeit wirst du lernen, dein Mini immer besser zu verstehen und zu unterscheiden ob es müde oder hungrig ist oder auch ein Ausscheidungsbedürfnis verspürt.
Abhalten in Standardsituationen
Sogenannte Standardsituationen sind Zeiten, zu denen die meisten Babys Pipi machen. Es bietet sich an, dein Mini regelmäßig in diesen Situationen abzuhalten.
Standardsituationen sind
- nach dem Stillen / Essen
- nach dem Schlafen / Aufwachen
- nach dem Tragen
- nach dem Baden
Abhalten aufgrund von Signalen des Babys
Daneben gibt es ganz typische Signale dafür, dass dein Baby ausscheiden muss.
Wenn dein Baby z. B.
- unruhig wird
- erstarrt und konzentriert wirkt
- sich nicht ins Tragetuch nehmen lassen möchte
- beim Stillen ständig an- und abdockt
- Blähungen bekommt
können das Zeichen dafür sein, dass es ausscheiden muss.
Funktioniert Windelfrei auch Nachts?
Die meisten Eltern starten mit dem Abhalten am Tag. Aber auch in der Nacht kann Windelfrei funktionieren, denn das Ausscheiden des sowohl des großen aber auch des kleinen Geschäfts ist kein automatischer Reflex. Dein Mini kann sich natürlich in der Nacht genauso nachdrücklich bemerkbar machen wie am Tag.
Diese Tipps können dir das Abhalten in der Nacht einfacher machen:
- Wenn du im Körperkontakt mit deinem Kind schläfst, wird sich euer Schlafrhythmus angleichen und du wirst merken, wenn dein Baby unruhig wird und aufwacht.
- Stelle das Töpfchen direkt neben deinem Bett ab, so dass du es auch im Dunkeln schnell und einfach greifen kannst.
- Die Schlafkleidung deines Minis sollte schnell und einfach aus- und angezogen werden können (z. B. Schlafhemdchen).
- Nutze spezielle Windelfrei-Schlafsäcke, die zum Abhalten unten geöffnet werden können.
Es kann immer einmal einen Unfall geben, bei dem etwas daneben geht. Es macht daher Sinn, dass du dich für diesen Fall gut vorbereitest, so dass du und dein kleines Wunder beide schnell weiter schlafen könnt:
- Schütze die Matratze mit einem Nässeschutz (*).
- Lege dein Mini zusätzlich auf eine große, wasserdichte Wickelunterlage (*), die schnell getauscht werden kann ohne das Bett abzuziehen.
- Platziere neben einer Ersatzunterlage auch Ersatzkleidung für dein Mini direkt neben dem Bett.
Am Ende sollte der Schlaf von dir und deinem Mini jedoch immer am Wichtigsten sein. Nutze daher auch in der Nacht ruhig eine Stoffwindel als Backup, bevor dich das Abhalten zu viel Schlaf kostet.
Nützliches Zubehör für Windelfreibabys
Grundsätzlich brauchst du keine besondere Ausstattung um mit Windelfrei zu starten. Du solltest allerdings darauf achten, dass die Kleidung einfach und schnell ausgezogen werden kann, denn dein Mini wird noch nicht allzu lange einhalten können. Außerdem gibt es noch einige weitere Dinge, die vielleicht hilfreich sein könnten:
- Abhaltetöpfchen (*)
- Abhaltewindel (*)
- Abhaltehosehose (*)
- Stulpen (*)
- wasserdichte Unterlage (*) zum Strampeln
- Nässeschutz (*) für das Bett
- Nässeschutz (*) für den Autositz
- Wetbags (*)
Was kann ich tun, wenn mein Baby plötzlich nicht mehr abgehalten werden möchte?
Das Abhalten hat bisher gut geklappt aber plötzlich verweigert sich dein Mini komplett? Ein sogenannter „Abhaltestreik“ ist rund um den ersten Geburtstag gar nichts Ungewöhnliches. Auch wenn sich die Situation für dich wie ein Rückschritt anfühlt und du enttäuscht bist, solltest du ruhig bleiben und keinen Druck auf dein Baby aufbauen.
Du kannst nun einmal versuchen
- die Zeiten anzupassen
- die Position zu ändern
- das Abhalten rechtzeitig anzukündigen
- den Ort zu wechseln (Waschbecken, Toilette, Schüssel, Töpfchen)
- für eine angenehm warme Umgebung sorgen
- auf warme Hände achten
Denke auch daran, dass das Blasenvolumen zunimmt, je älter dein kleines Wunder wird. Vielleicht muss dein Baby also einfach nicht mehr so häufig und ihr versucht es später noch einmal.
Passen Windelfrei und Abhalten in meinen Alltag?
“Windelfrei” klingt für viele erst einmal nach jeder Menge Stress und kaum umsetzbar. Gerade in Verbindung mit Stoffwindeln als Backup lässt sich das Abhalten jedoch wunderbar in den Alltag integrieren. Schnell wirst du lernen, die Signale deines Babys immer besser zu deuten, so dass sich eure Kommunikation von Tag zu Tag verbessert und die Bindung gestärkt wird.
Noch mehr zum Thema “Windelfrei” erfährst du bei der lieben Norma, die du hier findest.
Probiere es einfach einmal aus und teile gerne deine Erfahrungen in den Kommentaren.
„Frau Mama“
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Ich wünsche euch eine spannende Windelfrei-Zeit!